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Rehkitze in der Prägephase

Aktualisiert: 23. Juni 2020

5 Uhr morgens am 2. Juni - das Feld soll in zwei Stunden gemäht werden. Ein signifikanter Wärmepunkt zeigt sich am Monitor. Wir nähern uns. Eine Rehgeiß springt ab. Und da ist das Kitz, neugeboren. Wir stehen am Rand des Setzplatzes, der noch Spuren mütterlichen Blutes aufweist.

Das Kleine ist höchstens eine dreiviertel Stunde alt.

Rappelt sich auf und geht wackelig auf uns zu. Eins ist klar: ein neugeborenes Kitz kann man nicht für einige Stunden in einem Korb festsetzen. Die Mutter muss zu ihm können. Die Gott sei Dank anwesende Bäurerin wird schauen, ob dieses Feld für den Tag von der Mahd ausgenommen werden kann. Da kommt der Funkspruch: im Nachbarfeld ist ein weiteres Kitz geortet worden. Während wir das andere Kitz bergen, bleibt Kameramann Hannes Kirchberger, der mit uns ist und den Einsatz für einen Fernsehbeitrag filmt, in der Nähe des Neugeborenen. Ganz großes Dankeschön an Hannes! Als wir das zweite Kitz gesichert haben und zurückkommen, ist die Bäuerin mit guten Nachrichten bei ihm. Die Bauersleute lassen dieses Feld stehen, damit Geiß und Kitz ungefährdet und ohne Zeitverlust wieder zusammenkommen können. Das ist einfach toll und keine Wache ist mehr nötig. Das Kitz aber hat sich Hannes genähert. Klugerweise hat er es nicht berührt. Während ältere Kitze entweder passiv sind oder noch ältere auch weglaufen, befindet sich dieses Kitz in der Prägephase und versucht, aktiv auf uns Menschen als Gegenüber zuzugehen! Hier aber eine Beziehung aufzubauen, gilt es absolut zu vermeiden.

Als wir uns so rasch wie möglich vom Setzplatz entfernen, fiept es und versucht uns nachzulaufen. Behandschuht wird es rasch zum Setzplatz, der nach seiner Mutter riecht, zurückgebracht - und wir laufen schnell weg. Das Kleine bleibt am Setzplatz. Für uns geht es sofort zum nächsten Einsatz weiter.

Als wir nach dem Abfliegen von weiteren 3 Lehen und an diesem Morgen 6 geretteten Kitzen beim Frühstück sitzen, kommt die gute Nachricht: Geiß und Kitz sind wieder zusammen.

Uns bleiben Erleichterung und Dankbarkeit.


Die Bitte an alle, die in der Natur ein Rehkitz vorfinden: Bitte Abstand halten, nicht berühren, Hunde fernhalten und nicht schnuppern lassen. Rehgeißen kommen oft mehrere Stunden nicht zum Kitz. Fiept ein Kitz lange und anhaltend oder findet man eine überfahrene Rehgeiß - bitte der Polizei oder dem zuständigen Förster oder Jäger Bescheid geben.


Unser Prozedere vor dem Mähen: Um vor der Mahd geortete Kitze vor dem Gemähtwerden zu schützen, stülpen wir entweder einen großen Weidenkorb darüber, befestigen ihn mit Heringen im Boden und markieren die Stelle mit einer Fahne. Oder wir geben das Kitz in den Weidenkorb (da ist Gras von der entsprechenden Wiese drin), schließen den Korb und verwahren ihn am Waldrand / im Schatten. Nach der Mahd werden die Kitze wieder möglichst nah an der Stelle freigelassen, an der sie gefunden wurden. Geiß und Kitz verständigen sich und kommen wieder zusammen.


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